Was kommt nach der Sommerpause?
Das Versprechen
Als Anhänger einer politischen Mitte mit parlamentarischer Gestaltungsmacht hatte ich die Hoffnung, dass nach der Sommerpause zwar nicht die Lage, dafür aber zumindest schon mal die Stimmung besser ist. Dieses von der Arbeitskoalition gegebene Versprechen ist nicht nur nicht erfüllt. In vielen Themen fühlt man sich vielmehr unangenehm an die Ampel erinnert, auch was den Umgang der Koalitionspartner untereinander betrifft. Mit einem Unterschied – das erste Regierungsjahr der Ampel war noch von Aufbruch und dann dem beginnenden Krisenmanagement geprägt. Heute stellt sich schon nach 120 Tagen die Frage, ob die Gemeinsamkeiten noch für eine Legislatur reichen. Die großen und ausdrücklich geweckten Erwartungen sind also – hoffentlich nur zunächst – an der Realität zerbrochen.
Gebrochen auch für unsere Branche
Nach jetzigem Stand wird von den angekündigten Mitteln zum Ausbau der maroden Infrastruktur in unserem Sektor nichts ankommen. Im Gegenteil: die Kürzungen von Fördermitteln ist in den Haushaltsansätzen beibehalten. Trotz Aushebelung der Schuldenbremse noch durch den alten Bundestag und der Aufnahme noch nie in unserer Geschichte dagewesener Schulden kommt dafür bei unserem Verkehrsträger nichts an. Die Ansätze für Investitionen in Wasserstraßen sinken sogar: von 1,5 Mrd. € in diesem auf 1,3 Mrd. € im nächsten Jahr. Der Modernisierung- und Ausbaustau auf den Bundeswasserstrassen wird also verschärft fortgeführt. Jährlich 2.5 Mrd. € wären erforderlich. Der Gerüchteküche nach hat sich der entlassene GDWS-Leiter vehement für dieses Ziel eingesetzt- mit dem bekannten Ergebnis. Offenbar ist also auch von dieser Bundesregierung nicht zu erwarten, dass die Bedeutung der Binnenschifffahrt erkannt und gewürdigt wird. Das in Sonntagsreden das Gegenteil erzählt wird kannten wir schon. Jetzt hat es der neue Verkehrsminister auf seiner Sommerreise wiederholt. Verbale Absichtserklärungen denen in der Haushaltswirklichkeit nichts entspricht. Scheint also alles so unbefriedigend weiterzugehen wie bisher.
Chance auf Besserung
Auch wenn es für eine belastbare Einschätzung der neuen Regierung nach 130 Tagen im Amt zu früh ist: der Herbst der Reformen könnte auch der Herbst der endgültigen Enttäuschung werden. Schon untersuchen Berliner Polit-Strategen die Chancen einer CDU geführten Minderheitsregierung. Die Zweifel also wachsen. Die Verabschiedung des Tariftreuegesetzes im Kabinett ist das Gegenteil von Entbürokratisierung. Apropos – 1977 reichten für BinSchUO und die entsprechende Verordnung 140 Seiten. Heute haben wir mit den vergleichbaren Regelwerken ESTRIN, BinSchPersV und RheinSchPersV fast 1.200 Seiten. Statt neue bürokratische Regelungen einzuführen wäre es des Schweißes der Edlen wert, unser Regelwerk wieder übersichtlich zurückzuführen. Wenn es nicht mehr auf 140 Seiten geht – 280 wären besser als demnächst 1.500 Seiten.
Fortschritt ist möglich
Dafür gibt es in Teilbereichen erfreuliches für unseren Sektor. Auf EU-Ebene wird endlich die Notwendigkeit harmonisierter Normen und Vorschriften hinterfragt. Zu Recht wird jetzt der Nachweis gefordert, dass durch Harmonisierung wirkliche, praktische Verbesserungen für die Schifffahrt erreicht werden. So kommt auch das Subsidiaritätsprinzip wieder zur Geltung, wonach Probleme auf der möglichst niedrigsten Ebene gelöst werden sollen. Europa sollte sich in jetzigen Zeiten nicht im Klein-klein verlieren, sondern die lebenswichtigen Fragen gemeinsam regeln. Das würde auch die europäische Begeisterung in den Mitgliedsstaaten fördern.
Und in einer für uns wichtigen Frage – dass der Sachverständige in der Fahrgastschifffahrt mit dem Schiffsführer identisch sein darf- hat das BMV in die Branche reingehört und seine bisherige Position angepasst. Ein vorbildliches Beispiel dafür, dass das BMV-Anliegen unseres Sektors aufnimmt. Das gilt ebenso für den Umgang mit den reduzierten Förderansätzen, wo gemeinsam mit der Branche die beste Lösung gesucht wurde. So macht Zusammenarbeit Freude und führt zu pragmatisch guten Lösungen.
Wenn es jetzt auch noch gelänge, diesen Kooperationsgeist mit der GDWS zu etablieren und dort den Service Gedanken der Behörde für unser Gewerbe umzusetzen wäre weiterer praktischer Fortschritt in Alltagsproblemen unserer Partikuliere gesichert. Immerhin ist für Anfang Dezember zu einem Gespräch gebeten…



